Neues Urteil zu Streichpreisen auf Amazon: Werbung mit Vergleichspreisen weiter eingeschränkt!
Hintergrund des Streits zwischen Amazon und der Verbraucherzentrale
Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hatte Amazon zunächst abgemahnt und war dann gerichtlich gegen das Unternehmen vorgangengen, weil Amazon während der Amazon Prime Deal Days für Elektronikprodukte (und andere Produkte) mit prozentualen Rabatten und durchgestrichenen Preisen warb, ohne dass diese sich auf den tatsächlich niedrigsten Preis dieser Produkte der letzten 30 Tage bezogen, wie von § 11 Abs. 1 PAngV gefordert.
Amazon (als Verkäufer) warb dabei mit durchgestrichenen Preisen, die sich bezogen auf
a) eine unverbindliche Preisempfehlung (UVP) des Herstellers, wie folgt:
oder
b) auf einen sogenannten „Statt“-Preis (durchschnittlicher Verkaufspreis der letzten 90 Tage), wie folgt
Weiter warb Amazon auf den Prime Angebots-Übersichtsseiten mit „19 % Rabatt“ und bezog sich dabei auf einen vom Hersteller verlangten UVP und nicht auf den von Amazon zuletzt verlangten Gesamtpreis.
Das Landgericht München I stellte fest, dass sämtliche durch die Verbraucherzentrale beanstandeten Preisangaben von Amazon gegen § 11 Abs. 1 Preisangabenverordnung (PAngV) verstoßen und damit auch einen Wettbewerbsverstoß gem. §§ 3 Abs. 1, 5a Abs. 1 und 5 b Abs. 4 UWG darstellen.
Verkäufer sind gemäß § 11 Abs. 1 PAngV verpflichtet bei jeder Bekanntgabe einer Preisermäßigung den niedrigste Gesamtpreis anzugeben, der innerhalb der letzten 30 Tage vor der Ermäßigung angewendet wurde. Für die „Bekanntgabe einer Preisermäßigung“ ist, so das Gericht, nicht entscheidend, ob tatsächlich eine Preisermäßigung stattgefunden hat, sondern ob die Werbung nach der Wahrnehmung des Durchschnittsverbrauchers den Eindruck einer Preisermäßigung erweckt.
Das Münchner Gericht betonte hierbei nochmals unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 15.12.1999, Az. 1 ZR 159/97 – Preisknaller) und des EuGH (Urt. v. 26.09.2024, Az. C 330/23) ausgeführt, dass
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- auch die Darstellung eines durchgestrichenen Preises oder eines Rabatts als Preisermäßigung gilt,
- es nicht darauf ankommt, ob der Vergleichspreis als UVP oder Durchschnittspreis bezeichnet wird, wenn für den Verbraucher der Eindruck eines Preisnachlasses entsteht,
- der Verbraucher regelmäßig davon ausgeht, dass sich der Rabatt auf einen tatsächlich vom Händler selbst verlangten früheren Preis bezieht.
Das Gericht verurteilte Amazon zur Unterlassung und drohte dem Unternehmen ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 € je Verstoß an.
Was müssen Amazon-Seller jetzt beachten?
Auch wenn in Sachen Streichpreisen noch nicht das letzte Wort gesprochen sein dürfte, sollten Amazon Seller sensibilisiert sein, wenn sie mit Rabatten oder Streichpreisen werben.
Für Amazon-Seller aber auch alles anderen Verkäufer auf Marktplatz-Plattformen wie otto.de oder kaufland.de oder eigenen Online-Shops sei nochmals dringend empfohlen, die – nicht ganz einfachen – Vorschriften der Preisangabenverordnung zu beachten. Folgende Punkte gehören dabei zum Pflichtprogramm:
(1) Eindeutigkeit der Preiswerbung
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- Rabatte oder durchgestrichene Preise dürfen nicht willkürlich auf UVPs oder Durchschnittspreise bezogen werden;
- Sie müssen sich auf den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage beziehen, sofern sie als Ermäßigung dargestellt werden;
(2) Der UVP ist nur als Vergleich zulässig – aber nicht als Rabatt-Referenz!
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- Die Angabe einer UVP ist erlaubt, wenn klar und unmissverständlich darauf hingewiesen wird, dass es sich dabei nicht um den eigenen vorherigen Verkaufspreis handelt;
- In Kombination mit Rabattangaben (z. B. „-19 %“) ist der Vergleich mit dem UVP unzulässig, wenn der Verbraucher denken könnte, es handele sich um einen echten Preisnachlass vom eigenen früheren Preis;
(3) Pflicht zur Dokumentation des 30-Tage-Tiefstpreises
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- Händler müssen für jedes Produkt den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage dokumentieren und bereithalten, falls sie eine Rabattaktion planen.
(4) Preisvergleich mit „Statt-Preisen“ ist unzulässig
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- Ein „Statt“-Preis, der sich auf einen rechnerisch ermittelten Durchschnittspreis der letzten Wochen stützt, genügt grundsätzlich nicht den Anforderungen der PAngV.
Handlungsempfehlung für Shop-Betreiber und Amazon-Marketplace-Händler
(1) Sofortige Maßnahmen
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- Überprüfen Sie Ihre Preiswerbung:
Verwenden Sie nur durchgestrichene Preise oder prozentuale Ermäßigungen, wenn sich diese auf den tatsächlich niedrigsten Preis der letzten 30 Tage beziehen.
- Überprüfen Sie Ihre Preiswerbung:
(2) Transparente Kommunikation
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- Wenn Sie mit UVPs oder anderen Vergleichspreisen werben, vermeiden Sie jegliche Formulierung oder optische Gestaltung (z. B. „-20 %“), die beim Verbraucher den Eindruck eines echten Preisnachlasses vom eigenen Preis wecken könnte.
(3) Technische Umsetzung:
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- Ihre Shop-Software sollte eine Preis-Historie mit 30-Tage-Tracking führen, um eine konforme Preiswerbung zu ermöglichen.
(4) Kennzeichnung von UVPs & Co.
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- Wenn mit UVPs geworben wird, müssen diese klar als solche und nicht als vorheriger eigener Verkaufspreis kenntlich gemacht werden. Ideal ist z. B. der Zusatz: „UVP des Herstellers, nicht der eigene bisherige Preis.“
Abmahnungen wegen UWG-Verstößen drohen!
Dieses Urteil ist ein klares Signal an alle Online-Händler: Wer mit Rabatten wirbt, muss sich strikt an § 11 PAngV halten. Die nach wie vor weit verbreitete Praxis, UVPs oder rechnerische Durchschnittspreise als Grundlage für durchgestrichene Preise oder Rabatte zu verwenden, ist rechtswidrig, wenn dem Verbraucher dabei eine Eigenpreisermäßigung vorgegaukelt wird.
Verkäufer auf Amazon, aber auch Betreiber von eigenen Online-Shops, sollten ihre Preisstrategie und die Darstellung von Angeboten dringend prüfen und ggf. anpassen, um Abmahnungen und gerichtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.
Andererseits eröffnet das Urteil die Möglichkeit, insbesondere auf den Marktplätzen, gegen Wettbewerber vorzugehen, die nach wie vor unzulässigerweise mit Rabatten auf UVPs und Streichpreisen werben.
Das Landgericht München I hat mit Urteil vom 14.07.2025 (Az. 4 HK O 13950/24) Amazon antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt. Amazon hat gegen das Urteil inzwischen Berufung beim Oberlandesgericht München (Az. 29 U 2472/25 e) eingelegt und wirbt nach wie vor mit Rabatten auf UVPs.

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